Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
irgendwie passt es zu dieser so unwirklich wirkenden Zeit, dass wir in diesem Jahr etwas erleben, das wir bislang noch nie erlebt haben und wohl auch nie mehr erleben werden. Am 20. November beginnt eine Fußballweltmeisterschaft. Eine WM im Winter? Das war lange und ist nach wie vor für alle Fans unvorstellbar. Doch die FIFA wollte es so und daher gibt es die Spiele jetzt, zu einer Zeit, in der wir uns auf den Advent und auf Weihnachten vorbereiten.
Das istmitnichten das größte Problem an dieser Weltmeisterschaft. Sie findet obendrein
nämlich in einem Land statt, in welchem die allgemeinen Menschenrechte nicht
gelten, Minderheiten unterdrückt werden, Sklavenarbeiter die Stadien gebaut
haben und beispielsweise homosexuelle Menschen ihre Liebe nicht frei ausleben
dürfen, da ihnen sonst eine Strafe bis hin zum Tod blüht.
Ist das ein
Land, in dem die „schönste Nebensache der Welt“ ihr größtes Fest feiern sollte?
Wir denken, dass das nicht der Fall ist. Fußball ist ein Sport für alle
Menschen, egal welcher Herkunft, egal welche Hautfarbe man hat, egal wen man
liebt und egal wie man lebt. Wenn ein Land dies nicht gewährleisten kann und dazu
seit Jahren wegen eklatanter Verletzung der Menschenrechte am Pranger steht,
dann kann dieses Land kein Gastgeber für diesen so weltoffenen Sport sein.
Die Stadt
Bad Vilbel hat sich daher entschlossen, kein städtisches „Public Viewing“ zu
veranstalten. Weder das Gastgeberland, noch der ausrichtende Weltverband soll
hier in den kritikfreien Fokus genommen werden.
Natürlich
aber möchten wir es denjenigen Fans nicht verbieten, die WM zu schauen. Das
können wir selbstverständlich auch nicht, denn hier bei uns herrscht die
Freiheit, das zu tun, was man möchte. Daher haben wir es durch eine
Allgemeinverfügung den Gastronomen unserer Stadt auch ermöglicht, ihrerseits
entsprechende Möglichkeiten anzubieten, die Spiele gemeinsam zu schauen. Dies
beinhaltet auch, dass die Nachtruhe entsprechend nach hinten versetzt wird, um
etwaigen lauteren Jubel nicht sofort sanktionieren zu müssen. Die
Allgemeinverfügung gilt indes erst ab dem 21. November, da wir die Ruhe des
Totensonntags respektieren und entsprechend einhalten möchten.
Die WM in
Katar bleibt aus unserer Sicht kritikwürdig. Nicht wegen des Sports, sondern
wegen der Lage im Land. Aus sportlicher Sicht wünschen wir allen Fußballern
viel Erfolg und drücken natürlich auch der deutschen Nationalmannschaft die
Daumen. Aus gesellschaftlicher und politischer Sicht wird diese
Weltmeisterschaft unserer Meinung nach jedoch als die größte Fehlentscheidung
in die Geschichte des Weltfußballs eingehen.
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Ihr Magistrat der Stadt Bad Vilbel
Veröffentlicht: | 17.11.2022 |