Das Coronavirus ändert unseren Alltag. Es sorgt für Einschränkungen und Umstellungen der Gewohnheiten. Aber das Coronavirus sorgt auch dafür, dass die Menschen enger zusammenrücken, zumindest im übertragenen Sinne. Hierzu beitragen soll auch die Aktion „Hilfe Direkt“, die von der Stadt am 19. März ins Leben gerufen wurde. Nach einer Woche ziehen die Koordinatorinnen Heike Klassen-Pöppinghaus und Anette Denker vom städtischen Kinder- und Jugendbüro eine erste Bilanz.
Hallo Frau Klassen-Pöppinghaus, hallo Frau Denker. Das Coronavirus hältuns alle auf Trab. Sie haben für die Stadt die Koordination der Aktion „Hilfe
Direkt“ übernommen. Wie sieht diese Hilfe aus?
Klassen-Pöppinghaus: Aufgrund
der Ausbreitung des Virus gibt es viele Menschen, die ihre Wohnungen nicht mehr
verlassen dürfen. Sei es weil sie aufgrund des Alters oder einer Vorerkrankung
zu den Risikogruppen gehören oder weil sie in häuslicher Quarantäne oder selbst
erkrankt sind. Diese Menschen benötigen unsere Unterstützung, vor allem bei
alltäglichen Dingen, wie Einkäufen. Wir vermitteln Kontakte zu ehrenamtlichen
Helferinnen und Helfern, die ihre Unterstützung anbieten. Und so ist schnell
ein Netzwerk entstanden, das täglich wächst.
Das Prinzip klingt damit zunächst einmal sehr einfach. Wie geht es dann
weiter?
Denker: Wir nehmen die
Meldungen aller Hilfesuchenden und aller Helfer auf. Diese erreichen uns über
E-Mail oder telefonisch. Alle Anliegen behandeln wir natürlich streng
vertraulich. Im Anschluss versuchen wir schnell und vor allem unbürokratisch
die Hilfe zu vermitteln.
Wie viele Rückmeldungen haben Sie denn bislang erhalten?
Denker: Die Resonanz war toll.
Binnen einer Woche haben sich 75 Freiwillige bei uns gemeldet. Nach und nach
gingen auch immer mehr Bitten um Unterstützung im Alltag ein, sodass wir schon einige
Ehrenamtliche und Hilfesuchende zusammengebracht haben.
Wie genau sieht das dann aus? Was brauchen die Menschen?
Klassen-Pöppinghaus: Meist
geht es um Einkäufe, aber auch die Abholung von Rezepten beim Hausarzt oder
deren Einlösung. Wir ermuntern aber auch ausdrücklich jene, sich bei uns zu
melden, die sich aufgrund der momentanen Lage in Alltagssituationen allein
gelassen fühlen oder überfordert sind. Vielleicht können wir gemeinsam mit
unseren Helfern nach Lösungen suchen.
Innerhalb der ersten Woche ist also schon viel geschehen.
Denker: Ja und zwar wirklich
enorm viel. Rund zehn Hilfe-Tandems haben wir schon zusammengebracht, täglich
werden es mehr. Die Helfer erhalten von uns ein persönliches Anschreiben, mit
welchem sie sich quasi ausweisen können und das festhält, dass sie im Auftrag
der Stadt Bad Vilbel für das Hilfenetzwerk tätig sind.
In diesen schwierigen Zeiten also eine wirkliche Unterstützung für alle,
die das benötigen. Wer meldet sich denn bei Ihnen und braucht Unterstützung?
Klassen-Pöppinghaus: Oft sind
es ältere Menschen aus Bad Vilbel. Uns erreichen mittlerweile auch Anrufe von
erwachsenen Kindern, die nicht vor Ort leben und sich um ihre Eltern in Bad
Vilbel sorgen. Auf der anderen Seite werden auch diejenigen mehr, die bislang
von Familienangehörigen oder Nachbarn versorgt wurden, aber befürchten, dass
die Unterstützung auf Dauer schwieriger wird. Je länger die Ausgangsbeschränkungen
dauern, so wichtiger wird „Hilfe direkt“.
Warum ein städtisches Netzwerk, wo es doch andere Kontaktmöglichkeiten
zuhauf im Internet gibt?
Denker: Das direkte Gespräch,
der Kontakt am Telefon sind enorm wichtig, um zu erfahren, wie konkret geholfen
werden kann. Und gerade ältere Menschen sind oft gar nicht im Internet
unterwegs.
Wie erleben Sie die Menschen in dieser
Ausnahmesituation?
Klassen-Pöppinghaus:
Hilfsbereit und dankbar. Und natürlich haben wir immer auch ein offenes Ohr,
wenn die Menschen einfach das Bedürfnis haben, mit jemandem zu reden und uns
aus ihrem Alltag erzählen. In Zeiten, in denen wir alle soziale Kontakte
minimieren sollen, brauchen wir alle auch einmal ein gutes Gespräch.
Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass Bad Vilbel zusammenhält
und Sie beide einen tollen Teil dazu beitragen. Vielen Dank für das Interview.
Bildunterschrift: Gesunder Abstand: Anette Denker und
Heike Klassen-Pöppinghaus vom Kinder- und Jugendbüro mit der
Anerkennungspraktikantin Annika Sausen
Veröffentlicht: | 26.03.2020 |